Arbeitsrecht
Dezember 2024 Waschzeiten können als vergütungspflichtige Arbeitszeit gelten
veröffentlicht am 02.12.2024
Das Duschen, Umziehen oder der Weg vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz können als vergütungspflichtige Arbeitszeiten gelten. Im Fall eines Containermechanikers hat das BAG in seinem Urteil vom 23.04.2024 – 5 AZR 212/23 erstmals entschieden, dass auch das Duschen als vergütungspflichtige Arbeitszeit gelten kann:
Körperreinigungszeiten gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann.
In dem vorliegenden Fall hatte der Kläger nach der Anweisung des Arbeitgebers während seiner Arbeitszeit eine entsprechende Arbeitskleidung zu tragen. Ein Arbeitstag des Klägers gestaltet sich wie folgt: Nach dem Betreten des Betriebsgeländes sucht der Kläger die Umkleideräume auf. Anschließend geht der Kläger zu seinem Arbeitsplatz. Zu seiner Tätigkeit gehört das Abschleifen rostiger und schadhafter Stellen sowie eine entsprechende Nachlackierung von Containern. Nach der Arbeit begibt sich der Kläger zurück zu den Umkleideräumen und wäscht bzw. duscht sich. Die verunreinigte Arbeitskleidung hat der Kläger nach der arbeitgeberseitigen Anweisung im Betrieb zu lassen, damit sie dort gereinigt werden kann.
Mit seiner Klage verfolgte der Kläger die Vergütung für die Umkleide-, Körperreinigungs- und Wegzeiten. Die Beklagte war der Auffassung, dass das Duschen weder angewiesen noch aus Gründen des Gesundheitsschutzes erforderlich sei.
Zu der erbrachten Arbeitsleistung im Sinne von § 611a Abs. 1 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber verlangte sonstige Tätigkeit, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung in einem unmittelbaren Zusammenhang steht. Arbeit bedeutet daher jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient.
Aus diesem Grund ist das Tragen einer Dienstkleidung auf Anweisung des Arbeitgebers ausschließlich fremdnützig. Folglich sind die innerbetrieblichen Umkleidezeiten vergütungspflichtige Arbeitszeit im Sinne von § 611a Abs. 2 BGB.
Dieses fremde Bedürfnis besteht auch bei der Wegzeit vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz bzw. umgekehrt vom Arbeitsplatz zum Umkleideraum. Denn die Notwendigkeit des An- und Ablegens der Arbeitskleidung und der damit verbundene Zeitaufwand beruhen auf der arbeitgeberseitigen Anweisung zur Tragung von Dienstkleidung während der Arbeitszeit. Dies gilt insbesondere, wenn die Arbeitskleidung nicht am Arbeitsplatz an- und abgelegt werden kann.
Die Körperreinigungszeiten sind als Arbeitszeit anzusehen, wenn sie mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängen und deshalb ebenfalls ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dienen.
Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der eigentlichen Arbeitsleistung liegt vor, wenn die Körperreinigung durch den Arbeitgeber ausdrücklich angeordnet wird oder wenn zwingende arbeitsschutzrechtliche Hygienevorschriften dies verlangen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer bei der Arbeit mit gesundheitsgefährdenden Stoffen oder verunreinigten Gegenständen in Berührung kommt.
Ferner stellen Körperreinigungszeiten auch dann eine vergütungspflichtige Arbeitszeit dar, wenn der Arbeitnehmer sich bei der geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass es ihm nicht zumutbar ist, die Privatkleidung anzulegen und sich auf den Heimweg zu machen, ohne vorher seinen Körper zu reinigen. Die Art und Dauer der körperlichen Reinigung richten sich insbesondere nach dem Ausmaß der Verschmutzung. Die ganze Körperreinigung, d.h. das Duschen, ist nur dann vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn die Erbringung der Arbeitsleistung ohne anschließendes Duschen bei wertender Betrachtung nicht möglich erscheint. Entscheidend ist hierbei, dass der gesamte Vorgang - Arbeiten und Duschen - fremdnützig ist. Dies ist nicht der Fall, wenn es um die Beseitigung von üblichen Verunreinigungen sowie Schweiß und Körpergeruchsbildungen des Tages geht. Hier liegt lediglich ein privates Bedürfnis vor.
Für die Beurteilung kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an. Öffentlich-rechtliche und arbeitsschutzrechtliche Vorschriften wie z.B. der Anhang der Arbeitsstättenverordnung können als Orientierungshilfen dienen.
Sofern hinsichtlich der Erforderlichkeit von Waschzeiten ein Konfliktpotential besteht, kann es ratsam sein, differenziert nach den jeweiligen Arbeitsplätzen eine entsprechende Regelung (Betriebsvereinbarung/arbeitsvertragliche Klausel/Anordnung) zu vereinbaren. Gegebenenfalls sind dabei auch tarifliche Regelungen zu beachten.
Gerne unterstützt der Arbeitgeberverband Oldenburg seine Mitglieder bei den damit verbundenen Fragestellungen.
- Autor: Johanna Böhmann
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